In den letzten Wochen gab es zwei Versuche, die Arbeit im Sinne des Handlungskonzepts Görlitzer Park durch Unwahrheiten und Verleumdungen zu diskreditieren. Es wurden Falschaussagen verbreitet, elementare journalistische Regeln verletzt und rassistische Stereotype bedient.

So machte die B.Z. aus der Behauptung zweier Mitarbeiter des Treptow-Köpenicker Ordnungsamtes, sie hätten Parkläufer schwarzer Hautfarbe im Schlesischen Busch beim Dealen erwischt, einen Artikel mit Foto unter dem Titel „Arbeiten die Parkläufer in Treptow mit Dealern zusammen?“ https://www.bz-berlin.de/berlin/treptow-koepenick/arbeiten-die-parklaeufer-in-treptow-mit-dealern-zusammen. Im Tagesspiegel hieß es dann schon quasi faktisch „Berliner Parkläufer dealen offenbar selbst mit Drogen“: https://www.tagesspiegel.de/berlin/kiezstreife-unter-verdacht-berliner-parklaeufer-dealen-offenbar-selbst-mit-drogen/24696292.html

Eine Recherche hätte Folgendes ergeben: Bei der angeblichen Drogenübergabe handelt es sich, wie das Foto bei genauem Hinsehen auch erkennen lässt, um die Übergabe eines festen, eckigen Gegenstands, den der vermeintliche Käufer mit Daumen und Zeigefinger greift: es ist ein Handy. Damit sollte, so die Aussage der Firma, der Passant ein Foto der beiden Parkläufer in Rückansicht machen, wie es die Firma, die auch die Parkläufer im Görlitzer Park stellt, für Werbezwecke verwendet. Vielleicht ungeschickt, aber wer denkt schon an Überwachung durch Ordnungsamtsmitarbeiter in Zivil und dergleichen Verdächtigungen?

Welch Geistes Kind die beiden Mitarbeiter des Amtes sind, die daraus eine Drogenübergabe stricken; und wie das Foto und diese Behauptung an die Presse gelangt sind, was eindeutig widerrechtlich ist – all das wissen wir nicht, können wir allenfalls ahnen. Schwarze Menschen als Parkläufer – da sehen oder unterstellen manche Menschen in Deutschland eben sofort Drogenhandel.

Der zweite Versuch: am 25. 7. wurde in der Sendung „Kontraste“ in der ARD ein Beitrag ausgestrahlt, der offenkundig das Ziel hatte, die Drogenpolitik von Rot-Rot-Grün in Berlin und insbesondere des Fr’hain-K’berger Bezirks zu denunzieren.

Im Beitrag wird u. a. behauptet, der Parkrat habe das Handlungskonzept Görlitzer Park erarbeitet. Das ist unwahr. Es wurde im Auftrag des damaligen Bezirksbaustadtrats Panhoff von der AG Görlitzer Park im Bezirksamt Fr’hain-K’berg erarbeitet, anschließend vom Kollegium der bezirklichen Stadträte verabschiedet und danach von der BVV „zur Kenntnis genommen“. Den Parkrat gabe es damals noch gar nicht.

Weiterhin wird behauptet, der Parkrat habe sich „selbsternannt“. Das ist unwahr und verleumderisch. Der Parkrat wurde im Herbst 2018 als Gremium der AnwohnerInnen und NutzerInnen von ca. 1250 Menschen gewählt. Diese Wahl war offen für alle und im Kiez zuvor gründlich publiziert worden.

Keine Frage: unsere eigenen genau wie die Bemühungen der gesamten Kreuzberger Zivilgesellschaft, den Kiez lebenswert zu erhalten, bleiben oft hilflos. Dass aber auch die Law- and Orderpolitik unter Innensenator Henkel nur dazu geführt hat, dass sich der Drogenhandel in die umliegenden Straßen verlagerte, ohne im Park selbst wesentlich zurückzugehen, wurde in dem Beitrag nicht einmal erwähnt.

Die Polizisten, die in dem Beitrag zu Wort kamen, haben gewiss einen undankbaren Job. Nur: wenn die im Park gehandelten Drogen so gefährlich sind und die Polizisten vor Ort letztlich hilflos – warum wurde dann in den gut fünfzehn Jahren, die der Drogenhandel hier im Park floriert, nie nach den Lieferanten geschaut? Es drängt sich der Eindruck auf, dass man lieber auf das letzte Glied der Kette einschlägt. Auch das hat mit Rassismus zu tun. Dazu passt, dass einmal mehr kein Satz über die KäuferInnen verloren wurde, ohne die der Handel nicht stattfinden könnte. Womit wir ausdrücklich den Handel, wie er zur Zeit stattfindet, nicht verharmlosen.

Gegen Ende des Beitrags kommt ein junger Mann afrikanischer Herkunft anonymisiert zu Wort. Er behauptet, dass Dealer im Park mit Kokain angereicherte Marihuana-Joints an Jugendliche verschenken. Das ist nach Meinung aller, die wir dazu befragt haben, großer Unfug, denn Koks entfaltet nach Auffassung von Menschen, die es probiert haben, allenfalls geringe Wirkung, wenn es geraucht wird. Siehe z. B. https://www.eve-rave.ch/Forum/viewtopic.php?f=6&t=54930

Abgesehen davon wäre eine Kokainbeimischung viel zu teuer. Zudem haben wir und viele andere nie davon gehört, dass im Park fertige Joints verkauft oder verschenkt würden.

Offenbar aber finden die MacherInnen die Story, dass Schwarze Männer „unsere“ Jugendlichen auf diese Weise in den Drogensumpf zu ziehen versuchen, so prickelnd, dass Sie auf jeden Faktencheck verzichten. Das ist schlechtestes journalistisches Handwerk, und es ist rassistisch und bewirkt rassistische Hetze. Allerdings wird es genug Menschen geben, die diesen Schmarrn mangels besseren Wissens gern glauben.

Wenn sich die Situation in Park und Kiez tatsächlich verschlechtert, wie in dem Beitrag dargestellt und von vielen AnwohnerInnen beklagt, werden auch wir unsere Haltung entsprechend überdenken. Allerdings werden wir nicht aufhören mitzudenken, dass die massiven Probleme vor Ort ihre Ursachen ganz woanders haben und im Park und den Straßen umher nur wie in einem Brennglas sichtbar werden. Dazu gehören die Migrations-, die Drogen-, die Wohnungs- sowie die Berliner Tourismuspolitik. Aber noch einmal: das bedeutet nicht, dass wir die Situation im Park verharmlosen. Stattdessen bemühen wir uns um Lösungen für die drängendsten Probleme, von denen es gerade in der heißen Zeit reichlich gibt.

Die bisherigen Konzepte als verantwortungslos und gemeingefährlich zu denunzieren, arbeitet allerdings nur rechter Stimmungsmache zu. Wir haben das an den prompt eintreffenden Mails bemerkt, die uns z. B. als „Zuhälter des versifften Gesockses“ beschimpften oder so endeten: „Zeit für die AFD! Das lehrte der Beitrag in der ARD!“

All das brauchen wir nicht.